Haushaltsabgabe ersetzt GEZ
Einige Bürgerinnen und Bürger
von Borken werden zu Beginn des nächsten Jahres ungewollt erneut zur Kasse
gebeten! Mit Schleswig-Holstein hat Medienberichten zufolge auch das letzte
Bundesland der geforderten Reform der GEZ-Gebühren zugestimmt. In seltener
Eintracht machten damit die Landesparlamente den Weg frei, um ab 2013 alle
deutschen Privathaushalte und Betriebe einer pauschalen
Haushalts-(zwangs-)abgabe für den Empfang öffentlich rechtlicher Fernseh- und
Radioprogramme zu unterziehen. Allein das Vorhandensein einer Wohnung reicht
aus, unabhängig davon, ob man dort am Empfang derartiger Leistungen
interessiert ist und dafür Strom und Empfangsgeräte bereit stehen. Bürger mit
geringem Einkommen, Auszubildende und Studierende haben bei Vorlage bestimmter
Voraussetzungen die Möglichkeit, sich per Antrag befreien zu lassen, bisher
beitragsfreie behinderte Personen sind seit 2012 zahlungspflichtig und erhalten
Nachlass, was auch für Zweit- oder Ferienwohnungen vorgesehen ist und für
Unternehmen, die nach gestaffelter Größe erfasst werden sollen. Auch
Heiminsassen will man künftig zur Kasse bitten, hingegen rechtskräftig
Verurteilte in Strafvollzugsanstalten nicht, befreit sind auch ausländische
Diplomaten und die Rundfunkanstalten selbst. Eine eigenartige Auslegung des
Gerechtigkeitsprinzips.
Gewinner und Verlierer
Zukünftig Zwangsmitgliedschaft? |
Für die meisten Bundesbürger
wird sich dadurch nichts ändern, sofern sie schon heute 17,98 € pro Monat
Beitrag leisten. Profitieren sollen hingegen Mitglieder von Wohngemeinschaften,
Familienangehörige usw. Die Pauschale decke dann alle vorhandenen Empfänger wie
Fernseher, (Auto-)Radios und sogenannte "neuartige
Rundfunk-Empfangsgeräte" wie PCs, Laptops und internetfähige Mobiltelefone
(Smartphones) ab, wie den Pressemeldungen zu entnehmen ist.
Die
Fortführung des jetzigen Modells bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen hatte
wohl die millionenverwöhnten und finanziell stets klammen TV-Anstalten
aufgeschreckt und politische Rückendeckung erforderlich gemacht. Immer mehr
Verbraucher, argumentieren Befürworter der äußerst umstrittenen festgelegten
Neugestaltung, greifen zum internetfähigen Computer und zahlen dafür zzt. nur
den ermäßigten Satz von 5,76 Euro. „Mit dieser Reform verhindern wir, dass immer
weniger Vollzahler zukünftig noch höher belastet werden!“. Ob das alles so zum
Tragen kommt, bleibt abzuwarten: Nach Berechnungen des Statistischen
Bundesamtes soll die Anzahl von Single-Haushalten in den nächsten Jahren noch
zunehmen und auch die Einbeziehung der Unternehmen, von denen zzt. nur 40% der
Gebührenpflicht nachkämen, nährt die Hoffnung bei ARD und ZDF nach weiteren
sicheren Millionen in den TV-Kassen.
Rechtlich äußerst umstritten
Als unzulässigen Eingriff in das Grundrecht weist
schon seit längerem Pressemeldungen zufolge Kritiker wie der frühere Hamburger
Wissenschaftssenator Ingo von Münch das Ansinnen vehement zurück. Hier handele
es sich offensichtlich darum, die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch
staatlich verordneten Druck einzuschränken. Vorbei das alleinige
Entscheidungsrecht des mündigen Bürgers, selbständig zu entscheiden, ob er am
Medium Fernsehen und Rundfunk teilnimmt oder nicht. „Es bleiben wohl nur noch
die Alternativen Obdachlosigkeit oder Auswanderung übrig“, wie es Spötter
umschreiben. „Wer keinen Fußball mag, kann doch nicht gezwungen werden, die
Bundesliga mitzufinanzieren!“ Mit der erneuten Änderung des Staatsvertrages
befürchten nicht nur mit der Materie vertraute Experten, dass so dem
Datenmissbrauch Tür und Tor offen stehen, Behörden erhalten Zugriff auf Bestände
von Einwohnermeldeämtern, Vermieter und Verpächter laufen zudem Gefahr, in die
Ermittlungen mit einbezogen zu werden. Eigentümer oder vergleichbare
Berechtigte sollen im Bedarfsfall auskunftspflichtig werden, um der
Landesrundfunkanstalt gegenüber Rede und Antwort über den Nutzer einer Wohnung
oder Betriebsstätte zu stehen, falls dieses nicht von öffentlicher Hand selbst möglich
ist. „Es
gibt nicht wenige Menschen, die zwar gern Radio hören, aber etwa wegen kleiner
Kinder oder aus religiösen und sonstigen Gründen Fernsehen ablehnen. Die politischen
Entscheidungsträger haben die Aufgabe, gemäß den Verfassungen ihrer Länder als Vertreter
des ganzen Volkes zur wirken, nicht aber im Interesse der Rundfunkanstalten!",
bemängelt der emeritierte Professor für öffentliches Recht an der Universität
Hamburg, Ingo von Münch, die Zustände in einem Zeitungsartikel.
Und die bisher lästige
„Schnüffel-Praxis“ diverser GEZ-Mitarbeiter? Sie werden wohl auch noch in
Zukunft „wachsam“ bleiben, sei es auch nur zur Kontrolle der Namen auf den
einzelnen Haustürklingeln. Für die nächsten zwei Jahre will ihr Auftraggeber
ohnehin noch Personal aufstocken, wegen des Mehraufwandes der Arbeit durch die
Umstellung auf das neue System. Beglichen wird das alles durch die politisch
durchgesetzten Zwangsbeiträge, die letzten Endes der Verbraucher und Konsument
allein zu tragen hat, und zwar in doppelter Hinsicht. Die ebenfalls der
Beitragspflicht unterworfenen Unternehmen werden ihren Anteil natürlich
weitergeben, was dann wiederum zur Verteuerung ihrer Produkte führt. Einer
erstellten Studie zufolge wird damit jeder Bundesbürger durchschnittlich mit
110,00 € belastet.
Gerichtliche Auseinandersetzungen folgen
Kompetente Staats- und
Verfassungsrechtler hielten das neue Modell von Anfang an als nicht haltbar und
somit juristisch angreifbar. „Es wird wohl beim neuen Modell so sein wie beim alten:
Klagen werden folgen und das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird dann
entscheiden müssen“. Damit beginnen wird in Kürze der Passauer Jurist Ermano Geuer
mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München, weitere Prozesse
werden folgen. Ein Urteil zu Gunsten der Kläger könnte dann das mühsam
ausgehandelte Vertragswerk aller 16 Bundesländer wieder zu Fall bringen. Aber
erst im nächsten Jahr.
„Die Interessenvertretung
Klärwerk e. V. wird die Ereignisse weiter verfolgen, in gewohnter Art und Weise
aussagefähiges Material sammeln, es auswerten und die Bevölkerung möglichst
aktuell auf dem Laufenden halten“, versichern Sprecher der Bürgerinitiative
schon heute (hpd).
Borken (Hessen), 07.09.2012
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